ERP-Betrieb: Outsourcing kann sich lohnen
Vor über 10 Jahren wagte ein grosser Deutschschweizer Kanton die Pionierleistung: das Outsourcing des SAP-Systembetriebs für das kantonale Rechnungswesen an einen Anbieter aus der Privatwirtschaft. Gab es unter den kantonalen Informatikstrategen und -stäben anfangs noch Bedenken zu Datenschutz und Datensicherheit, zerstreute sich dies bald. Abklärungen ergaben keine stichhaltigen juristischen Hürden und das Kostenargument sprach klar für die externen Betreiber. Dennoch bewarb sich weniger als eine Handvoll Unternehmen für dieses Outsourcing – die Anbieter glaubten schlicht nicht daran, dass der Kanton diesen Schritt wagen würde.
Er tat es. Das Outsourcing war erfolgreich und die Zusammenarbeit mit den externen Systemspezialisten von Professionalität und Dienstleistungsorientierung geprägt. Dies hinderte den Kanton nicht daran, den Systembetrieb nach Ablauf der Vertragsdauer erneut auszuschreiben und an einen anderen Anbieter zu vergeben.
Als nur wenige Jahre später der SAP-Systembetrieb für die kantonalen Kliniken und Spitäler ausgeschrieben wurde, bewarben sich bereits dreimal so viele Anbieter – der Markt wer reif geworden. Branchenbedingt wurde eine sehr hohe Systemverfügbarkeit gefordert. Man deklarierte das Maximum an Anforderungen in Bezug auf Sicherheit und Verfügbarkeit – in der Meinung die externen Betreiber könnten dies weniger gut als die interne Spitalinformatik. Detaillierte Abklärungen ergaben, dass das Gegenteil der Fall war: die Infrastruktur der Outsourcing-Firmen übertraf diejenigen der Spitäler bei Weitem: redundante Rechenzentren an verschiedenen Standorten, hochsichere Infrastruktur mit Personenschleusen und modernsten Kühl- und Brandmeldesystemen und ein Monitor-Raum für die Systemüberwachung, inklusive das notwendige Personal.
Das Beispiel zeigt, dass das Thema «Outsourcing» mit Vorurteilen und Fehleinschätzungen belastet ist. Noch heute sind viele Informatik-Abteilungen generell skeptisch wenn es um Outsourcing geht. Manche Geschäftsleitung würde Ihre Informatik gerne mit dem Thema konfrontieren, es fehlt aber das Know-How um der Informatik ein Gesprächspartner auf Augenhöhe zu sein.
Selbstverständlich ist ein Outsourcing immer sorgfältig und situationsbezogen zu prüfen – Tatsache aber ist, dass es beim SAP-Betrieb erfolgreiche Referenzprojekte gibt und dass das Outsourcing latente Probleme gelöst hat:
- Stellvertretung von Basis-Spezialisten bei Ferienabwesenheit, Krankheit
- 24h Monitoring des Betriebszustands
- Dienstleistungsbereitschaft und -geschwindigkeit bei Routineaufgaben wie Mandentenkopien
- Rasches und Flexibles Aufsetzen von neuen Systemen und Technologien wie BI oder SAP HANA
Nur wenige Organisationen der öffentlichen Verwaltung haben die Grösse, um die economies of scale zu realisieren, welche von einem eigenen Rechenzentrum erwartet werden. Ein Beispiel dafür ist Organisation und Informatik Zürich (OIZ) mit ihrem hochmodernen Rechenzentrum in Albisrieden. Die OIZ tritt übrigens selbst als Outsourcer am Markt auf: bereits haben drei Banken ihre Datenzentren im Rechenzentrum eingerichtet.
Das Service Level Agreement (SLA) als Schlüssel
Für die Anbieter von Outsourcing-Dienstleistungen gehört es zum Standard, mit ihren Kunden ein Sevice-Level Agreement abzuschliessen, welches die Systemverfügbarkeit und Betriebs- und Supportzeiten festlegt. Sämtliche Serviceprozesse sind geregelt, ein Reporting für den Kunden aufgesetzt und unter Umständen Strafzahlungen (Pönalen) bei Nichteinhaltung der Serviceparameter festgelegt. In der Praxis zeigt sich, dass interne Informatikabteilungen oft noch nicht über diesen hohen Standard verfügen und beispielsweise im Bereich der Business Continuity (Aufrechterhaltung des Betriebs nach Systemausfällen, IT-Notfallplanung) Lücken haben.
Informatikabteilungen haben nichts zu Verlieren
Das Outsourcing von Betriebsleistungen ist bei Informatikabteilungen umstritten. Dahinter steht mitunter die Befürchtung, an Wichtigkeit und Einfluss zu verlieren, keine Aufgaben mehr zu haben, abhängig zu werden. Der reine SAP-Systembetrieb ist aber eine vergleichsweise uninteressante Aufgabe, welche mit einer hochgerüsteten Infrastruktur im Grossformat besser bewältigt werden kann. Für die interne Informatik verbleiben genügend interessante und herausfordernde Aufgaben: die Systemintegration mit Umsystemen, Konzeption und Betrieb von Enterprise Architecture (EAI) Plattformen, Informationssicherheit und Datenschutz, Identitätsmanagement, Authentisierung und Single-Sign-On, Konzeption und Aufbau von Portal-Infrastrukturen. Kaum eine Informatikabteilung, die hier nicht einen Rückstau an Projekten hätte.
Fazit
Zusammenfassend nochmals mögliche Vorteile eines Outsourcings (SAP Basis-Betrieb):
- Unabhängigkeit von Hardware- und Betriebssystem-Architekturen. Sizing und Skalierung des Systems gemäss den Anforderungen
- Variables und kostengerechtes Angebot in Bezug auf die Systemverfügbarkeit (95% bis 99.8%), wählbare Sevicezeiten (5×13, 7×24, etc.)
- Flexibilität beim Einsatz neuer Technologien, rascher Aufbau von Systemen wie SAP BI oder SAP HANA
- Bei Bedarf Nutzen komplementärer Infrastruktur (Archivierung, Terminalserver, Portal, Systemintegration)
Festzuhalten ist, dass Outsourcing ein aktives Management der Lieferantenbeziehung erfordert und kundenseitig Know-How bezüglich Servicemanagement und Vertragsmanagement aufgebaut werden muss. refererenzportal.ch wird – in Zusammenarbeit mit Partnern und Branchenexperten – hierzu weitere Artikel publizieren.